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Der Höhepunkt der Welterdölproduktion - ein Wendepunkt für
die Menschheit
Datum der Mitteilung: |
11.12.2000 |
Absender: |
Jochen Brinkmann |
Einrichtung: |
Technische
Universität Clausthal |
Kategorie: |
überregional |
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wissenschaftliche Tagungen |
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Elektro- und Energietechnik, Geowissenschaften, Politik und Recht,
Wirtschaft, Gesellschaft |
"Was wir gegenwärtig erleben, ist nicht eine Wiederholung der
Energiekrise der siebziger Jahre. Jene war politisch motiviert. Heute steigt
der Erdölpreis, weil Ressourcen und Förderung schon bald mit
der Nachfrage nicht mehr werden Schritt halten können. Es ist ein
Erdbeben", sagte Dr. John Colin Campbell, langjähriger Berater und
Manager der internationalen Erdölindustrie, am siebten Dezember in
seinem Vortrag in der Aula der TU Clausthal.(Mit Videoaufzeichnung des
Vortrages und Website in deutsch und englisch)
"If you don´t deal with reality, reality will deal
with you". Sinngemäß im Deutschen: "Wer vor der Realität
davon läuft, dessen Kartenhaus stürzt bald ein." |
In fünf Jahren werde der Höhepunkt der Welterdölproduktion
erreicht sein. Eine jährlich dreiprozentige Schrumpfung der Förderung
konventionellen, leicht zu raffinierenden Erdöls, begleitet von immensen
Preissteigerungen, werde die Folge sein. Manche Ökonomen erwarteten
einen Zusammenbruch des Aktienmarktes. Es sei nicht auszuschließen,
daß die USA mit militärischen Interventionen in Nahost ihre
Erdölversorgung würden sichern wollen, sagte Dr. John Colin Campbell.
Deutschland solle mit seiner Energiepolitik mithelfen, eine Wende in
der europäischen Energiepolitik einzuleiten. "Windmühlen und
Fahrräder sind gute Zeichen, aber es gibt immer noch zu viele große
Mercedes." Benzin und Heizöl sollten rationiert werden - um sie für
wesentliche Bedürfnisse zu einem moderaten Preis verkaufen zu können,
schlug Dr. Campbell vor. Ein Anreiz zum Stromsparen könnten invertierte
Tarife sein. Je mehr einer verbrauche, desto höhere Tarife solle er
proportional pro Kilowattstunde Strom zahlen. Deutschland solle aktiver
in der europäischen Energiepolitik sein. Brüssel habe am vierten
Oktober einen Bericht zur europäischen Erdölversorgung veröffentlicht,
der völlig an der Realität vorbei ginge. Deutschland sollt, da
der Anfang vom Ende der Erdölepoche bevorstehe, die Option Kernenergie
nicht leichtfertig auf Druck der Grünen verwerfen. Deutschland besitze
Kohlelagerstätten und Technologien zur Methanproduktion aus Kohle.
Diese Industrie sollte wieder aktiviert werden. Sie könnte sich schon
bald rechnen. Deutschland solle seine Bundesanstalt für Geowissenschaften
und Rohstoffe in Hannover wiederbeleben, sie habe in der Vergangenheit
sehr gute Beiträge zu dieser Fragestellung geliefert. Deutschland
solle seine Kfz-Hersteller bewegen, auf die Wasserstofftechnologie umzuschwenken,
insbesondere zu Wasserstoff, der aus Sonnenenergie gewonnen wird. Es sollte
alle fiskalischen Anreize, die nötig sind, vorhalten. Deutschland
könnte eine Vorreiterrolle einnehmen. Es sollte seine Stärke
nutzen.
Vor einem fachkundigen Publikum - die TU Clausthal ist Zentrum der Erdölforschung
in Deutschland - untermauerte Dr. Campbell seine Analyse mit Fakten. Die
größten Erdölfelder seien in den 1930ziger - 50ziger Jahren
gefunden worden und seit den sechziger Jahren würden sie erschlossen.
Technischer und wissenschaftlicher Fortschritt habe nur bewirkt, daß
wir wüßten, wie bekannte Erdölfelder besser erschlossen
werden können, und warum wir - außer der Funde im kaspischen
Meer - keine neuen großen Erdölfelder mehr, geologisch bedingt,
finden können. " Wir können heute eine Stecknadel in einem Heuhaufen
finden. Aber es bleibt eine Stecknadel. Vier konsumierten Barrel Erdöl
stehen nur je ein neu entdeckter gegenüber", beschrieb Dr. Campbell
die Situation.
Die großen Erdölfirmen hätten - als Teil ihrer Geschäftsstrategie
- stets systematisch ihre Erdölfunde untertrieben; um sie später
nach oben zu korrigieren, sagte Dr. Campbell. Eine Strategie der Marktregulierung.
So sei in der Öffentlichkeit irrtümlich der Eindruck entstanden,
es würde immer mehr Erdöl gefunden. Tatsächlich seien aber
seit den sechziger Jahren keine neuen Großfunde gemacht worden. Im
Quotenkrieg der OPEC Ende der achtziger Jahre seien von mehreren OPEC-Staaten
die geschätzten Erdölreserven künstlich nach oben gesetzt
worden. Nur so hätten sie, höhere Förderraten, gleich höheren
Gewinn durchsetzen können. Der nur als panisch zu charakterisierende
Zusammenschluß von Erdölfirmen der letzten Jahre zeige, sie
richteten sich schon heute darauf ein, in Zukunft auf einem schrumpfenden
Markt handeln zu müssen. "Hundert Jahre leichten Wachstums, der Wirtschaft
und der Weltbevölkerung, gehen zu Ende. Die Übergangsphase wird
von großen Spannungen begleitet sein. Die Prioritäten müssen
in Richtung Autarkie und Nachhaltigkeit verschoben werden", sagte Dr. Campbell.
Weitere Informationen:
http://www.geologie.tu-clausthal.de/Campbell/
Weitere Informationen finden Sie im WWW:
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